Just another Social Network?
Posted on | Oktober 12, 2008 | Kommentare deaktiviert für Just another Social Network?
Gestern war ich auf dem EduCamp 2008 in Berlin. Dort habe ich eine Session zum Thema „Just another Social Network? – (Warum) brauchen Universitäten Social Networks?“ angeboten. Im Rahmen einer kurzen Vorstellung unseres neuen Social Netzwerks von life an der Uni Hamburg und unserer Ideen, die dahinter stehen, hatte ich einige der Fragen aufgeworfen und zur Diskussion gestellt, an denen ich selber immer wieder hängen bleibe. Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung der sich daraus ergebenden Diskussion.
Eine der Grundfragen, die immer wieder im Raum stand, war: Was genau will man erreichen mit einem Social Network, dass von einer Universität bereit gestellt wird? Immer wieder ging es um den Mehrwert einer eigens implementierten Plattform und um die Frage, wieso man nicht auf vorhandene Plattformen zurückgreift. Meiner Meinung nach sollte man sich jedoch als Bildungsinstitution nicht auf Angeboten kommerzieller Anbieter ausruhen, sondern im Gegenteil gerade im derzeitigen Stadium der technischen/kulturellen Entwicklung das Experimentierfeld Web 2.0 auch als universitäres Forschungsfeld begreifen und versuchen herauszufinden, welche Möglichkeiten Social Networking zur Studienunterstützung bietet und eigene Ideen zu entwickeln und auch umzusetzen. Dies wäre, so einer der Einwände, auch möglich durch die Entwicklung von facebook-Applikationen – allerdings würde man dann in einem extrem durch Inforauschen geprägten Umfeld versuchen, eine (wenn auch informelle) Lernumgebung zu gestalten, was konzentriertem, fokussierten Lernen, Arbeiten und Studieren nicht unbedingt zuträglich ist. Zum anderen ist zu Bedenken, dass man bei der Nutzung kommerzieller Angebote auch seine Daten bei einem kommerziellen Unternehmen speichert
life ist nun ein Versuch, ob ein neues, eigens nur für eine Fakultät eingerichtetes Netzwerk so angenommen wird, oder ob es doch nur zu der Reaktion führt: „Wieso sollen wir uns schon wieder bei etwas Neuem anmelden?“ Diese Diskussion im Vorfeld intensiv zu führen, wie es gestern immer wieder begonnen wurde, finde ich jedoch schwierig, nur wenn man es versucht und auch die Reaktionen, das Nutzungsverhalten, die Akzeptanz und Vorbehalte evaluiert, kann man diese Frage auch beantworten – hinterher ist man immer schlauer!
Eine Frage, die ich als schwierig empfinde, ist, ob ein derartiges Netzwerk als informelle Lernumgebung für Studierende funktionieren kann und soll, oder ob man die Möglichkeiten des Social Networks zur Unterstützung institutioneller Lehr- und Lernprozesse, z.B. als Plattform für Seminarblogs nutzt? Die Diskussionen hier drehten sich um den Unterschied zwischen Lernmanagementsystemen und dem Netwerksystem hinter life – es soll jedoch absichtlich keine Konkurrenz zu Blackboard, CommSy etc. darstellen, sondern als eine Ergänzung funktionieren, die eher zu informellen Kommunikation und damit zum informellen Lernen genutzt werden soll. Ein integriertes System, das die unterschiedlichen Bedürfnisse aller abdeckt und Informelles und Institutionelles ohne Widersprüche in sich vereint ist kaum möglich aufzubauen – langfristig muss man sich jedoch überlegen, wie man damit umgeht, dass immer mehr Insellösungen geschaffen werden, und wie man diese zumindest durch Bestrebungen wir Open ID einfacher zugänglich macht. Doch bei der Entwicklung von life geht es nicht um die grundsätzliche Entwicklung der digitalen Infrastrukturen für Studierende, sondern eben genau um die Frage, wie das Phänomen Social Networking auch im universitären Kontext Anwendung finden kann und soll.
Spannend in diesem Kontext war die darauffolgende Session von Philipp Schuch, der das Projekt opennetworx.org vorstellte – eine vor kurzem gegründete gemeinnützige Stiftung die (Open Source) Social Networks für Vereine, Institutionen, NGOs etc. mit nicht-kommerziellem Interesse anzubieten, ähnlich wie z.B. ning.com, jedoch eben nicht-kommerziell. Ziel von opennetworx ist es, eine Art Wikipedia der Social Networks zu werden. Dennoch haben wir mit life eben die Idee, durch die Möglichkeit, Literaturlisten zu pflegen, kollaborativ an Texten zu Arbeiten, Hausarbeiten zur Verfügung zustellen etc. Social Networks mit wissenschaftlichem Arbeiten zu verbinden und nicht nur Vernetzung und Kommunikation zu fördern.
Worüber wir auf jeden Fall noch einmal intensiv nachdenken müssen, ist die Frage der Nachhaltigkeit – wie können die in life erstellen Inhalte auch nach Beendigung des Studiums „mitgenommen“ werden. Dies haben wir zwar immer mit bedacht, dennoch ist es schwierig, zum einen etwas eigenes entwickeln zu wollen um die Freiheit für Experimente zu haben und sich nicht auf kommerzielle Anbieter zu verlassen, aber trotzdem die Daten so anzubinden, dass keine komplett abgeschlossene Insellösung besteht, die nach Ende des Studiums für den Nutzer quasi als verloren gilt.
Eine sehr grundsätzliche Fragen zu diesem Thema kamen auch auf: Was wollen die Leute, insbesondere die Jugendlichen, eigentlich alle in diesen Netzwerken, was tun sie da? Eventuell hilft die Metapher der Social Networks als neue digitale Bushaltestelle der Landjugend hier weiter zum Verständnis: Man trifft sich, präsentiert sich, tauscht sich aus, ist in Kontakt etc.
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